Oorspronkelijk gepubliceerd op Brigitte.de — http://blog.brigitte.de/holland/
Die Holländer jammern gern und sind sich dessen ziemlich bewusst. Nun jammern die Deutschen aber auch ziemlich gern. Vor allem wenn es um Politik geht, zeichnet sich da ein gemeinsamer Nenner ab.
In Deutschland wurde nämlich gejammert, wurde gewählt, wird jetzt immer noch gejammert, weil natürlich noch gar nichts entschieden ist, obwohl alle gewonnen haben, und wird wahrscheinlich auch im nächsten Jahr weitergejammert. Reformen hin oder her.
In Holland geht das eigentlich auch so. Mit dem Jammern. Ein Beispiel:
In Den Haag ist es morgen ‘Prinsjesdag’. Das geht so: Eine goldene Kutsche fährt vorm Regierungsgebäude vor, ihr entsteigt eine Königin (“Was wird sie heute wieder anhaben?”), sie setzt sich in einem großen Saal in einen großen Sessel, liest eine lange Haushaltserklärung vor und bekommt dann am Ende ‘Lang leve de Koningin!’ zugerufen. Sie darf wieder aufstehen, lekker winken und wieder in die schöne kitschige Kutsche steigen.
Das Fett kriegen danach die Politiker weg, die die Haushaltserklärung geschrieben haben. Die schreibt Bea (oder Trix, beide Kosenamen dürfen öffentlich verwendet werden) nämlich nicht selbst. Also bereits vor der jährlichen Haushaltsverkündung wird gejammert (weil die meisten Nachrichtenredaktionen sie immer schon vorher auf dem Schreibtisch haben), währenddessen auch (“Die gucken ja wieder nett. Konnte die denn nicht einen anderen Hut aufsetzen heute? Überhaupt, die mit ihrem vielen Geld hat es nötig…”) und danach sowieso (“Das wird schon wieder ein beschissenes Jahr für den Otto Normalverbraucher”).
Die großen Reformen hat Holland schon längst erlebt, also haut die Leute nichts mehr vom Hocker. Sollte man denken. Weit gefehlt! Im letzten Jahr wurde gekürzt, gekürzt, gekürzt. Die Menschen gingen einen Monat nach dem ‘Prinsjesdag’ (immer der dritte Dienstag im September) auf die Strasse, um zu demonstrieren. Der Staat musste sparen. Viele Holländer hatten da aber selbst überhaupt nichts mehr, das sie hätten sparen können.
Dieses Jahr sind die Botschaften eher günstig: Der Staat hat Überschüsse. Und die werden investiert. In die Gesundheitssorge, in Kindertagesstätten und in Schulen und Universitäten. Und die Kaufkraft soll nächstes Jahr steigen. Das ist der Regierung zumindest erst einmal 2,5 Milliarden Euro wert (plus 2,5 Milliarden aus den Gaserträgen, für die ganz Genauen).
Aber wird denn da endlich alles besser? Genau wie in Deutschland ist da in Holland erst mal Skepsis angesagt. Da muss man ja erst mal abwarten. Die Energiepreise steigen, die Gesundheitskosten steigen, die Benzinpreise sind schon gestiegen und steigen weiter.
Und wenn man mit vollen Einkaufstüten vom Samstagnachmittagsbummel wiederkommt, kann man ja immer noch weiterjammern. Hoffentlich denkt da noch einer an den leeren Sparstrumpf.
Bei all der Jammerei nehme ich mal an, dass die Königin in ihrer schönen Kutsche dann auch schon mal heimlich mitjammert. “Du, der Finanzminister hat mir meine Rente schon wieder nicht pünktlich überwiesen!”
Ulrike Nagel: Montag, 19 September 2005, 23:18 Uhr | Permalink